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1. Das Problem
Früher oder später wird (fast) jeder Karateka
durch sein Dõjõ mit der Notwendigkeit konfrontiert einem Karate-Verband
anzugehören.
Auf die Frage warum dies so sein muss, bekommt man entweder die Antwort, dass
dies eben so sei oder aber es wird darauf hingewiesen, dass das Ablegen von
international anerkannten Prüfungen oder der Anschluss an überregionale Lehrgänge
oder größere Wettkämpfe nur über die Mitgliedschaft in einem Verband möglich
sei.
Das klingt auf den ersten Blick verständlich,
ist aber mitunter eine folgenschwere Entscheidung, von deren Reichweite der Unbedarfte
nicht die Spur einer Ahnung hat.
Denn die Karate-Welt ist heillos zersplittert – nahezu ein dutzend
Weltverbände beanspruchen den Gral der Weisen für sich. In Deutschland setzt
sich das Durcheinander wie selbstverständlich fort, nach meiner letzten Zählung
gibt es zehn Verbände oder Gruppierungen, die mit den unterschiedlichsten
internationalen Organisationen zusammenarbeiten.
Nun könnte man auf den Gedanken kommen,
dass Wettbewerb schließlich das Geschäft belebe, also ein breites Angebot für
den „Kunden“ (damit ist im folgenden der kleine Karateka im Dõjõ
gemeint) nur das Beste verheißt.
Dies ist aber leider nicht der Fall. Statt Wettbewerb herrscht weit verbreitete Ignoranz. Die
anderen Verbände werden in der Regel gar nicht zur Kenntnis genommen.
Als „Kunde“ wird man spätestens dann mit dem Problem konfrontiert, wenn man
den Anbieter wechselt, beispielsweise wegen eines Wohnortwechsels. Dann stellt
man auf einmal mit entsetzen fest, dass die bisher abgelegten Gürtelprüfungen
hier nicht mehr anerkannt werden – man muss diese wiederholen (oder zumindest
die Prüfungsgebühren nachzahlen). Soweit im Bereich der Farbgurte vielleicht
noch einmal Gnade vor Recht ergeht, so wird man aber spätestens bei der
Anerkennung von Dan-Prüfungen größere Probleme bekommen. Hier wird von vielen
Verbänden überhaupt nichts untereinander anerkannt.
Unter Umständen bekommt man die gegenseitige Ignoranz auch bei Lehrgängen
und Wettkämpfen zu spüren.
2. Die Suche nach den
Ursachen
Sucht man nach den Ursachen für diese Entwicklung, so stößt
man zunächst auf eine Tatsache: Fast alle Organisationen, die heute in der Welt
Shotokan-Karate verbreiten haben die gleichen Wurzeln.
Unser Karate-Stil wurde weltweit fast ausschließlich durch die
Instruktoren der Japan Karate Association (JKA) verbreitet. Der allergrößte
Teil von ihnen hat seine Wurzeln im berühmt berüchtigten anfangs von
Nishiyama-sensei und dann von
Nakayama-sensei geleiteten
Instruktorenkurs der JKA.
In Deutschland wurde Shotokan durch die JKA-Instruktoren
Enoeda, Kanazawa und Kase 1965 erstmals vorgestellt
(trotzdem wurde schon seit 1958 Karate geübt, hauptsächlich nach Büchern). Später
wurde Ochi-sensei nach Deutschland entsandt.
Dan-Prüfungen wurden ursprünglich nur von den japanischen Lehrern
abgenommen. Die Schüler bekamen ein Diplom aus Tokio.
Die Japaner beanspruchen dieses Monopol für sich. Jeder in ein Land entsandte
JKA-Instruktor genießt dabei von der Zentrale Gebietsschutz. Dieses System
funktionierte einige Jahre reibungslos.
In der Folgezeit wurde aber von der JKA ignoriert, dass es
in den mittlerweile gegründeten nationalen Verbänden irgendwann auch
fortgeschrittene Karatekas gab, die eigentlich auch das technische Niveau
und die geistige Reife haben, um selber Prüfungen abzunehmen.
Zwar gab es und gibt es Danprüfungslizenzen der JKA für ausländische
Instruktoren, die Anforderungen sind aber so hoch, dass es für einen
nicht in Japan lebenden Ausländer nahezu unmöglich ist, eine solche zu
erlangen (Ausnahmen gab es wohl in den USA).
Soweit die nationalen Verbände dann doch eigene Prüfungen durchführten,
wurden diese von der JKA nicht anerkannt. Wer eines der hochbegehrten JKA-Diplome
haben wollte, war auf einen JKA-Instruktor angewiesen.
Nun ist unbestreitbar, dass ein JKA-Diplom in damaliger Zeit für einen gewissen
Standard garantierte und andere Zertifikate oft begründete Zweifel an ihrem
Anspruch aufkommen ließen. Allerdings gilt dies nur für die Zeit vor der
einsetzenden Zersplitterung.
Bereits 1977 spaltete sich Hirokazu Kanazawa, einer der
bedeutendsten Instruktoren der JKA von dieser ab. Die Einheit in der Shotokan-Welt
ging entzwei. Ihm folgten eine ganze Anzahl namhafter japanischer Karatelehrer.
Andere ursprüngliche JKA-Instruktoren (z.B. Nishiyama, Kase, Shirai, Kawasoe) haben mittlerweile in
vielen Ländern Verbände
etabliert, die wenn überhaupt, dann nur noch eine lockere Verbindung zur JKA
selbst haben.
Nach dem Tod von Nakayama-sensei 1987 kam es wegen Streitigkeiten um die
Besetzung des freigewordenen Postens des "chief instructors" schließlich zur Spaltung der JKA
in zwei Fraktionen (Nakahara- und Asai-Fraktion). Um das Recht den Titel der juristischen Person
"Japan Karate Association" tragen zu dürfen, wurden in der Folgezeit
langjährige juristische Grabenkämpfe geführt.
Diesen Kampf hat die Nakahara-Fraktion mit Sugiura-sensei als "chief instructor"
und solch namhaften Instruktoren wie Tanaka, Ueki, Enoeda, Osaka und Ochi in ihren Reihen
gewonnen.
Die heutige JKA ist diese (übrig gebliebene) Nakahara-Fraktion.
Die Asai-Fraktion hat sich wiederum dreifach gespalten in JKS (Asai u. Kagawa),
Karate-no-Michi World Federation (Yahara) und JSKF (Abe).
Welche Ursachen hat die Zersplitterung der Japaner selber?
Wir können darüber als außenstehende nur spekulieren. Eine Rolle spielt dabei
sicherlich die ohnehin bestehende Rivalität zwischen den Meistern gleicher
Stufe, die sicherlich noch aus ihrer aktiven Wettkampfzeit herrührt. Eine andere
Ursache ist mit Sicherheit die starke Stellung der etablierten Auslandsinstruktoren in den einzelnen Ländern,
die vor jeglichem Wettbewerb auch durch japanische Instruktoren geschützt sind.
Ebendieser Protektionismus der JKA war auch für viele Schüler in den einzelnen Ländern
ein großes Problem. Diese waren gezwungen bei dem für ihr Land zuständigen
Instruktor die Prüfungen abzulegen. Somit fielen die Spaltungen in Japan in der
ganzen Welt auf fruchtbaren Boden. Auch wenn dies substantiell keine
Verbesserung bringt, da die neu gegründeten JKA-Ableger ebenfalls
Alleinvertretungsrechte einführen.
Eine andere Ursache war die mit der Einführung von
Karate-Wettkämpfen verbundene Tendenz zur absoluten Versportlichung des Karate,
die ebenfalls zur Bildung von neuen, von der JKA unabhängigen Verbänden führte.
Die JKA und Nakayama-sensei haben zwar den Karate-Wettkampf in der Welt
bekannt gemacht. Es wurde aber immer betont, dass der Wettkampf nur ein Aspekt
des Karate-Dõ ist, nur ein Produkt des anstrengenden Trainings in Kihon,
Kata und Kumite. In der westlichen Welt herrschte jedoch das
leistungssportliche "Höher-, Schneller-, Weiter-Denken") vor. Dies
führte zur Herausbildung des ausschließlich auf den Wettkampferfolg
hinzielenden sportlichen Karate und fand seinen Höhepunkt in der
Entwicklung des Kickboxens.
Dies
erklärt zumindest die Spaltung in "Sportkarate"-Verbände und
sogenannte "traditionelle" Verbände, wobei man über das Wort
"traditionell" gehörig streiten kann.
3. Die Konsequenzen
Brauchen wir Verbände überhaupt?
Sicherlich liegen in der Schaffung von
Prüfungsstandards, der Ausbildung von Qualifizierung der Karate-Lehrer,
dem Abhalten von überregionalen Lehrgängen und vielleicht auch Wettkämpfen
gute Gründe für die Schaffung einer organisatorischen Einheit.
Als solche, wurde Verbänden ursprünglich eine dienende
Funktion zugedacht: sie sollten Dienstleister für ihre Mitglieder sein.
Die Frage, die man sich
also als Mitglied eines jeden Verbandes stellen sollte, lautet daher:
"Ist mein Verband für
mich da, oder bin ich nur für meinen Verband da?"
oder:
"Ist unser Verband für
unser Dojo da, oder ist unser Dojo nur für unseren Verband
da?"
oder (Version für nationale
Verbände):
"Ist unser Weltverband
für uns da, oder sind wir nur für den Weltverband da?"
Ein Verband hat
keinen Wert aus sich selbst heraus. Sein Wert erwächst aus dem, was er für
seine Mitglieder tut. Hinter jedem Verband allerdings stehen Personen, die
diesen leiten Solange diese sich an der Förderung des Karate-Dõ im
Interesse ihrer Mitglieder orientieren, wird man den ersten Halbsatz der Fragen
mit ja beantworten können. Wenn die Verbandsführung allerdings den Verband nur
als Werkzeug für eigenen persönlichen Interessen benutzt, so sollte man sich
ernsthaft Fragen, welche Konsequenzen man daraus ziehen sollte.
Wenn ein Verband den Willen seiner Mitglieder ignoriert, so sollte er auch ihren
Zorn zu spüren bekommen. Wenn man allerdings für offene Meinungsäußerungen
angefeindet wird, dann man getrost sicher sein, dass man im falschen Verband
ist.
Um gleich einem Mißverständnis vorzubeugen:
In der Kunst selber kann es keine Demokratie und keine Diskussionen geben! Hier
wird Kampfkunst geübt. Jeder muss dem Lehrer Folge leisten, bei dem er trainiert oder gehen.
Karate-Verbände existieren aber außerhalb des Dõjõ und
haben mit dem Weg der leeren Hand nichts, aber auch gar nichts zu tun! Das sind
zwei verschiedene Paar Schuhe!
Wer in einem Verband Verantwortung hat, der
sollte sich, bevor er vorschnell die Leistung anderer abtut, darauf besinnen, dass fast alle Shotokan-Verbände
die gleichen Wurzeln haben.
In den letzten Jahren ist hier immerhin schon eine Besserung eingetreten, da
Mitglieder anderer Verbände (zumindest in Deutschland) kaum noch von den
Lehrgängen anderer Verbände ausgeschlossen werden.
Das ist zumindest ein Lichtschimmer.
JKA-Karate ist heute vielmehr als das Karate einer speziellen Organisation. Es ist bezeichnend
für die Karatestilrichtung Shotokan, so wie sie durch die JKA seit Anfang der
60ziger Jahre des letzten Jahrhunderts in der ganzen Welt verbreitet wurde.
Heute wird dieses Karate nicht mehr nur von der JKA verbreitet!
Man sollte sich davor hüten und die Berechtigung von Prüfungen anderer
Verbände anzweifeln. Jeder selbst weiß, ob er sich seine Graduierung im
Schweiße seines Angesichts verdient hat, oder sie geschenkt bekommen hat. Die
Beantwortung dieser Frage steht keinem Karate-Funktionär und keiner
Organisation pauschal zu.
Eine Übersicht welche Verbände JKA-Karate
betreiben, bekommt man bei shotokanworld.com.
Eine bitterböse Abrechnung mit der Existenz
von Verbänden ist in Englisch beim Shotokan-Planet
von Rob Redmond zu finden. Hier werden auch Alternativen für eine Leben ohne Verbände
gezeigt.
A.Krause
Ein Hinweis zum Abschluss:
Dieser Artikel sollte auf Gefahren hinweisen,
die aus der Verselbständigung von Organisationsstrukturen drohen und ist daher
bewußt teilweise überspitzt formuliert.
Alle diejenigen, die jetzt entrüstet behaupten werden, dass es in ihrem Verband
derlei Probleme nicht gibt, man vielmehr offen und demokratisch handelt, die
sollen froh sein und aufpassen, dass sich dies nicht eines Tages ändert.
Kalligrafie
von Gichin Funakoshi:
"Laß die Wolken ziehen, geh Deinen Weg!"
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