Tora no maki - Der Tiger als Symbol des Shotokan-Stils

Shoto bedeudet "Pinienrauschen" - mit diesem Pseudonym unterzeichnete Funakoshi-sensei seine Kalligrafien

© 2002 A. Krause

Letzte Aktualisierung: Sonntag, 01. Dezember 2002

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Yoshitaka Funakoshi, dem (dritten?) Sohn von Gichin Funakoshi, dem "Vater" des modernen Karate-Do, wird heutzutage maßgeblicher Einfluss auf die Entwicklung des Shotokan-Stils nachgesagt. Die tiefen  Stellungen und der dynamische Einsatz des ganzen Körpers wurden erstmals durch ihn publik gemacht.
Yoshitaka, teilweise auch Gigo genannt, übernahm 1938 die Hauptverantwortung für die Ausbildung im Shotokan-Dojo von seinem Vater.

 

1. Yoshitakas Karate
Das Karate, das Yoshitaka von 1938-1945 dort unterrichtete unterschied sich allerdings grundliegend von den Lehren seines Vaters, die in erste Linie auf den Kata der Itosu-Linie, mit ihren höheren für Okinawa typischen Stellungen, beruhten. Diese Ausführungen der Kata kann man noch in der Neuauflage von Karate-Jutsu, einem der ersten Bücher Funakoshis in Japan sehen.
Betrachtet man allerdings die Aufnahmen von Yoshitaka und Egami in "Karate-Do Nyomon" (das in deutscher Sprache bei Schlatt erhältlich ist), so sieht man tiefe verwurzelte Stellungen, so wie sie heutzutage aus dem Shotokan nicht mehr wegzudenken sind. Yoshitakas kraftvolle Ausführung der Techniken ist Legende. Man sagt ihm nach, dass er regelmäßig die hölzernen Schlagpfosten (Makiwara) zerbrochen haben. Shigeru Egami berichtete davon, dass Yoshitaka am Ende des Trainings einen der anwesenden Sempai aufgefordert habe, ihn mit voller Wucht anzugreifen, wobei er sich darauf beschränkte, diesem auszuweichen und mit ungeheurer Wucht von sich fortzustossen, was für den Angreifer stets eine schmerzliche Erfahrung gewesen sei. Ebenfalls in diese Zeit fällt die Entwicklung von Fusstechniken wie Mawashi- und Ushiro-geri, die ebenfalls Yoshitaka zugeschrieben werden und die zunehmende Bedeutung des Kumite belegen.
Darüber hinaus führte Yoshitaka neue Kata ein: Er und nicht sein Vater gilt als Begründer der Taikyoku-Kata, die heute eher im Shotokai, denn im JKA-dominierten Shotokan-Stil unterrichtet werden. Darüber hinaus schuf er die Ten-no-Kata, als Form für die Übung des Kumite, sowie offenbar auch einige andere Formen, die heute nicht mehr überliefert sind (Ausnahme ist wohl die von Taji Kase gelehrte "Heian Oyo", wobei dieser nur ein Jahr unter Yoshitaka trainierte).

 

2. Legenden
Es wird berichtet, dass Yoshitaka einst in einen Streit mit mehreren betrunkenen Judo-Meistern geraten ist, in deren Verlauf diese Versuchten ihn am Kragen zu greifen, um ihn zu werfen oder zu würgen. Dem Yoshitaka allerdings mit kraftvollen Schlag- und Tritttechniken zuvor, so dass er den Angreifern keine Chance ließ. 
Dem Mythos seiner Unbesiegbarkeit wird von manchen aber zunächst eine herbe Niederlage vorangestellt. Diese soll Yoshitaka gegen einen Goju-ryu Meister erlitten haben, der ihn mit einer Wurftechnik besiegt habe. Erst danach soll sich das Karate von Yoshitaka verändert haben, was ihn schließlich offenbar unbesiegbar machte - nur nicht gegen den Tod. Yoshitaka starb 1945 an Tuberkulose.


3. Der Einfluß des Militärs
Yoshitaka war politisch aktiv und hat während der Kriegsjahre zusammen mit Shigeru Egami die Ausbildung von Spezialeinheiten der japanischen Armee übernommen. Dieses Training soll ungeheuer hart gewesen sein - nicht selten kam es zu schwersten Verletzungen, wenn nicht auch zu Todesfällen. Die Soldaten übten nur wenige Techniken - man berichtet von Mae-geri und Tsuki-waza - und wandten diese mit voller Wucht in Kampfmontur am Partner an. Entsprechende Berichte finden sich nicht nur bei Karate-Historikern, sondern auch in dem Buch "Kamikaze - Tagebuch eines Todesfliegers", dass auf Original-Aufzeichnungen eines Kamikaze-Piloten beruht.
Das japanische Militär betrieb schon lange vor dem Krieg die Suche nach tauglichen Kampfmethoden für den Kriegseinsatz. Yoshitaka muss hier die Möglichkeit der endgültigen Anerkennung des Karate-Dô in Japan gesehen haben - und war bereit den entsprechenden Preis zu zahlen.

 

4. Die Herkunft des Shotokan
Es ist eher unwahrscheinlich, dass das Karate wie er es unterrichtete und auch dem Militär zur Verfügung stellte, ausschließlich auf eigenen Überlegungen beruhte. Vielmehr wird vermutet, dass Yoshitaka begann, den von seinem Vater bisher in Japan nicht gezeigten Kampfstil seines Lehrers Azato zu unterrichten, der auf Okinawa ein Stil "im Schatten" war und der Karate-Öffentlichkeit so nicht bekannt war. Zweifelsohne wurde dies aber von Yoshitaka weiter ausgeformt und insbesondere im Hinblick auf die Übung der bisherigen Kata ausgedehnt, so dass die Grundform des heutigen Shotokan-Stils ohne sein Wirken nicht entstanden wäre.
Trotzdem hatte Yoshitaka kaum wirkliche Schüler. Allenfalls seine Übungsleiter im Shotokan-Dojo wie Egami und Hironishi (beide später Shotokai) zählten dazu. Masatoshi Nakayama, der spätere Gründer der Japan Karate Association, wurde mit den Änderungen im Shotokan-Stil erst durch Nishiyama und Takagi nach dem Kriegsende vertraut gemacht. Wegzudenken waren sie allerdings nicht mehr.

 

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Quellen:
Graham Noble "Master Funakoshi's Karate"
Werner Lind "Lexikon der Kampfkünste"
Gespräche mit Sensei Safar, 8. Dan AJKA