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Gichin Funakoshi
(1869-1957) wird als der Vater des
modernen Karate-Dô verehrt, da er die alte Kampfkunst aus seiner Heimat
Okinawa erstmals in Japan einer breiten Öffentlichkeit demonstrierte und
bis an sein Lebensende unterrichtete.
Die durch ihn überlieferten Kata bilden die Grundlage
für die Entwicklung des Shotokan-Stils, wenn auch sein Sohn Yoshitaka
deutlichen Einfluss auf dessen technische Ausprägung genommen hat. In den
meisten traditionellen Shotokan-Dojos wird daher Funakoshi-sensei noch
heute sichtbar als Stilbegründer verehrt, indem ein Bildnis von ihm an
der Shomen-Seite (gemeint ist die Seite gegenüber dem Eingang)
aufgehängt wird, vor welchem sich zu Beginn und Ende jeder Übungsstunde
bzw. bei Betreten des Dojos verbeugt wird.
1.
Seine Lehrer
Bereits mit frühester Jugend wurde Funakoshi - zu einer Zeit, als Karate-Dô
auf Okinawa noch im geheimen praktiziert wurde - Schüler von Anko Azato
(1827-1906), einem Karate-Experten, der als innerer Schüler und Stilerbe
von Matsumura Sokon (1797-1889) gilt. Letzterer war der wichtigste
Vertreter des körperbetonten chinesischen Shaolin-Stils auf Okinawa und
legte damit die Grundlage für die Herausbildung der sogenannten
Shorin-Schule (Shorin ist die okinawanische Bezeichnung für Shaolin).
Sowohl Azato, als auch Matsumura waren zudem auch Experten des in Japan
praktizierten Schwertkampfstils Jigen-ryu, den sie insgeheim mit ihrem
Karate verbunden haben sollen, ohne dies jedoch öffentlich zu
unterrichten. Es wird vermutet, dass gerade in dieser Synthese die
Grundlage des modernen Shotokan-Stils liegt, der durch Funakoshis Sohn
Yoshitaka erstmals Ende der 30er Jahre unterrichtet wurde.
Darüber hinaus wurde Funakoshi auch von Anko Itosu (1830-1916) "der
heiligen Faust des Shuri-Te" (so nannte man das Karate, das in
und um die okinawanische Stadt Shuri geübt wurde) unterrichtet, der oft
bei Azato zu Gast war. Itosu war maßgeblich an der Einführung des Karate-Dô
als Pflichtfach an den Schulen in Okinawa beteiligt und entwickelte zu
diesem Zweck die Heian-Kata (früher Pinan genannt) und überarbeitete
viele andere Kata. Funakoshis späterer Unterricht der Kata in Japan
basierte nahezu unmittelbar auf den Kata, die er von Itosu gelernt hatte.
2.
Sein Werdegang auf Okinawa
Die Ausbildung Funakoshis bei Azato bestand aus endlosen
Wiederholungen der Kata. Funakoshi selbst berichtet in "Karate-Dô -
Mein Leben", dass er alleine zehn Jahre lang mit der Übung der drei
Tekki-Kata zubrachte. Zudem fand das Training oft erst in den Abendstunden
statt und zog sich bis manchmal bis zum frühen Morgen hin. Eine neue Kata
wurde erst unterrichtet, sobald die vorhergehende zur Zufriedenheit des
Lehrers gemeistert war.
Funakoshi
wurde Hilfslehrer an einer Grundschule in Naha, wo er mit anderen
Karate-Meistern seiner Zeit zusammentraf und so seine umfangreichen
Kenntnisse über die okinawanischen Kampfkünste vertiefte. Er galt bald
als Mann mit feinem Charakter und einer hervorragenden Bildung, der über
ausgezeichnete japanische Sprachkenntnisse verfügte, was auf Okinawa
nicht unbedingt üblich war.
Dies
führte wohl dazu, dass ihm 1901/02 aufgetragen wurde, Karate-Do
erstmals öffentlich vor Vertretern des japanischen Staates zu
demonstrieren, woraufhin dies in den Schullehrplan aufgenommen wurde.
3.
Karate-Dô findet den Weg nach Japan
Meilenstein war jedoch die Demonstration vor dem spätere Kaiser
Hirohito, 1921, der davon derart begeistert war, dass noch im selben Jahr
eine Einladung an die örtliche Vereinigung der Kampfkünste erging Karate
in Tokio zu demonstrieren. Diese Aufgabe wurde Funakoshi zu Teil, der 1922
nach Japan ging, um seine Kampfkunst dort zu unterrichten und nie mehr
zurückkehrte.
Dort gebrauchte er als einer der ersten das Schriftzeichen "Kara"
in der Bedeutung "leer" (im Gegensatz zur alten Schreibweise,
die "fremd" oder "chinesisch" zu verstehen war).
Nach anfänglichen Schwierigkeit und mit der Unterstützung von Jigoro
Kano (dem Begründer des Judo) schaffte er es Karate in Japan zu
etablieren. Dazu gehören die Einführung des Kyudan-Systems
(Graduierungssystems) und die Erlaubnis an seine Schüler, Formen des
Kumite zu entwickeln, wenn auch der Wettkampf von ihm nie geduldet wurde.
Darüber
hinaus ist Funakoshi der Autor mehrerer Bücher, allen voran "Karate-do
Kyohan", indem neben den philosphischen Grundlagen des Stils 15
grundliegende Kata beschrieben sind. Zu erwähnen ist außerdem seine
Autobiografie, die ein absolutes Muss für jeden ernsthaften
Shotokan-Adepten darstellt.
(Vgl. zur Entwicklung des Karate-Dô in Japan auch die Abhandlung über
die Entstehung des Shotokan-Stils)
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